Liebe Leserinnen und Leser,
die Leopoldina hat Bundestagsabgeordnete zur wissenschaftlichen Politikberatung befragen lassen. Zudem hat der Wissenschaftsrat eine ausführliche Analyse zur Wissenschaftskommunikation vorgelegt (Das ist wichtig). Die britische Philosophie-Professorin Kathleen Stock ist zurückgetreten, nachdem Transgender-Aktivisten sie bedrängt und ihren Rauswurf gefordert hatten. Der Mediziner Hauke Heekeren wird Präsident der Uni Hamburg (Personalia). Und Maria Besiou von der Kühne Logistics University in Hamburg beantwortet unsere 3 ½ Fragen.
   
 
 
 
 
Das ist wichtig
 
 
   
 
  

  
Bundestagsabgeordnete trauen der Wissenschaft

Die Abgeordneten des Bundestags und ihre Mitarbeitenden brauchen wissenschaftliche Erkenntnisse für ihre Arbeit, sie nutzen sie, und sie haben Vertrauen in die Forschung. Das ist das Ergebnis einer Befragung im Auftrag der Leopoldina, die vom Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik durchgeführt wurde. Gestern wurden die Ergebnisse vorgestellt: „Nutzen von wissenschaftlicher Evidenz – Erwartungen an wissenschaftliche Expertise“. Allerdings: verständlich und komprimiert aufbereitetet sein sollten die wissenschaftlichen Ergebnisse für die Politikerinnen und Politiker. Knapp die Hälfte der Befragungsteilnehmerinnen und -teilnehmer stimmt der Aussage zu, dass wissenschaftliche Erkenntnisse in angemessenem Umfang im politischen Entscheidungsprozess berücksichtigt werden, mehr als ein Drittel sehen eher eine zu geringe Berücksichtigung, so die Befunde der Befragung. Auffällig ist, dass der Stellenwert wissenschaftlicher Erkenntnisse mit zunehmender Dauer der Tätigkeit im Bundestag abnimmt. Die Befragung fand Anfang des Jahres 2021 statt und richtete sich an die 709 Mitglieder des Bundestages der 19. Legislaturperiode von 2017 bis 2021 sowie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. 594 Personen nahmen teil.
  
 
 
Wissenschaftsrat untersucht Wissenschaftskommunikation
Wissenschaftskommunikation ist das Thema der Stunde. Denn vorgestern stellte auch der Wissenschaftsrat eine ausführliche Analyse dazu vor. Dabei stellt der Rat fest, dass die Kommunikation wissenschaftlich fundierten Wissens vor allem in gesellschaftlich kontroversen Themenfeldern und in einem sich stark verändernden Medienumfeld an Grenzen stößt. Viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler seien auf anspruchsvolle Kommunikationsaufgaben nicht ausreichend vorbereitet oder fänden dafür in ihrem Umfeld nicht die notwendige Unterstützung. Der Wissenschaftsrat nahm auch zur Situation des Wissenschaftsjournalismus Stellung, der durch die ökonomische Krise vieler Presseverlage bedroht sei. „Wie andere gesellschaftliche Bereiche braucht auch die Wissenschaft eine unabhängige und kritische Beobachtung von außen", stellt die WR-Vorsitzende Dorothea Wagner fest. Bund und Länder sollten daher prüfen, wie Förderstrukturen für einen unabhängigen Wissenschaftsjournalismus verfassungskonform ausgestaltet werden können. Eine Stärkung der qualitätsgesicherten Berichterstattung sei umso dringlicher, als Social-Media-Plattformen zunehmend zur Verbreitung von Desinformation genutzt werden.
  
 
 
Betriebs- und Personalräte zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz
Die Interessenvertretungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in den außeruniversitäten Forschungseinrichtungen mischen sich mit einem Positionspapier in die Debatte um die Arbeitsverhältnisse des wissenschaftlichen Nachwuchses ein. Die Betriebs- und Personalräte der Fraunhofer-Gesellschaft, der Helmholtz-Gemeinschaft, der Max-Planck-Gesellschaft und der Leibniz-Gemeinschaft fordern neben der Begrenzung der „unzumutbar hohen" Befristungsquoten die Laufzeit von Arbeitsverträgen an das Qualifikationsziel anzupassen, damit Promovierende bis zum Abschluss ihrer Promotion nicht mehrfach um ihre Vertragsverlängerung bangen müssen.
  
   
   
   
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Britische Philosophie-Professorin Kathleen Stock sieht sich durch Transgender-Aktivisten zum Rücktritt gedrängt
Kathleen Stock, Philosophie-Professorin an der britischen Universität Sussex ist zurückgetreten. In der Erklärung für ihren Rücktritt schrieb die Akademikerin auf Twitter, dass sie und ihre Familie in den letzten Jahren eine „wirklich schlimme Zeit" durchgemacht hätten. Sie lobte darin aber auch die Unterstützung der Universitätsleitung und sie hoffe, dass andere Institutionen davon lernen könnten. Die Universität Sussex in Brighton, an der Stock 18 Jahre lang gearbeitet hatte, kritisierte die Anschuldigungen, die aus Teilen der Studentenschaft kamen. Die Intoleranz gegen Stock stehe „in direktem Gegensatz zu den grundlegendsten Prinzipien der Wissenschaft", hieß es. Transgender-Aktivistinnen und -Aktivisten werfen Stock Diskriminierung vor. Die Professorin hatte mehrfach öffentlich gesagt, dass Menschen ihr biologisches Geschlecht nicht ändern könnten. Sie hatte zudem der transaktivistischen Vorstellung widersprochen, wonach Geschlechtsidentität in Fragen von Gesetz und Politik überwiege. Die Transgender-Community vertritt hingegen die Vorstellung, dass Geschlecht stets auch ein soziales Konstrukt sei. Auführliche Berichte dazu finden sich zum Beispiel im Guardian, der ZEIT, dem Tagesspiegel und der NZZ.

Hauke Heekeren wird in Hamburg Nachfolger von Dieter Lenzen
Der Arzt und Hochschulmanager Hauke Heekeren wird Anfang März 2022 neuer Präsident der Universität Hamburg (Welt). Nachdem der Akademische Senat den Vizepräsidenten der Freien Universität Berlin (FU) bereits am Donnerstag zum Nachfolger von Dieter Lenzen gewählt hat, bestätigte am Freitag der Hochschulrat die Entscheidung für den 50-Jährigen, wie die Universität mitteilte. Einen Gegenkandidaten gab es nicht. Die förmliche Berufung durch den Hamburger Senat gilt als sicher.

Thüringerin neue Vorsitzende des RCDS
Die Erfurterin Franca Bauernfeind steht an der Spitze des CDU-nahen Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS), wie die Welt berichtet. Sie sei bei Vorstandswahlen auf einer Bundesdelegiertenversammlung am Samstag in Berlin zur Vorsitzenden des größten und ältesten Studentenverbands Deutschlands gewählt worden, teilte der RCDS am Sonntag mit. Bauernfeind kam zum Studium nach Erfurt und war laut RCDS zwei Jahre lang Thüringer Landesvorsitzende.

Automobilmechatroniker Stefan Gast wird Präsident der Hochschule Coburg
Der Hochschulrat der Hochschule Coburg hat Stefan Gast zum nächsten Präsidenten gewählt, wie die Neue Presse meldet. Er tritt die Nachfolge von Christiane Fritze an, deren Amtszeit im März nächsten Jahres endet. Vor elf Jahren kam Stefan Gast von Mainz nach Coburg. Er wurde Professor für Automobilmechatronik an der Fakultät Maschinenbau und Automobiltechnik, kurz darauf Ressortvorstand im Technologietransferzentrum Automobil Coburg (TAC). Nach einem Jahr an der Hochschule übernahm er die Studiengangsleitung des Bachelor-Studiengangs Automobiltechnologie, den er bis heute leitet. Seit 2017 ist er Dekan der Fakultät Maschinenbau und Automobiltechnik. 

Heide Klug ist neue Kanzlerin der Hochschule Aschaffenburg
Seit dem 1. November leitet Heide Klug die Verwaltung der Hochschule Aschaffenburg, ist Beauftragte für den Haushalt und Dienstvorgesetzte des nichtwissenschaftlichen Personals (primavera24). Mit Zustimmung des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst hatte die TH-Präsidentin Eva-Maria Beck-Meuth sie am vergangenen Dienstag zur neuen Kanzlerin der Technischen Hochschule Aschaffenburg ernannt. Der Hochschulrat hatte sie einstimmig für diese Position vorgeschlagen. Heide Klug tritt die Nachfolge von Gerhard Sarich an, der nach seiner fast 20-jährigen Amtszeit in den Ruhestand ging. Vizekanzlerin bleibt weiterhin Sabine Hock, die Leiterin des Studienbüros.

Job: Leitung des Bereichs „Christliches Profil"
Das ist wirklich eine ganz besondere Aufgabe, für die die Bezeichnung „Job" dann doch zu profan ist. Das St. Josephs Krankenhaus und das Franziskus-Krankenhaus in Berlin suchen jemanden, der oder die das christliche Profil der katholischen Kliniken entwickelt und pflegt. Voraussetzung sind unter anderem eine theologische oder religionspädagogische Ausbildung mit Hochschulabschluss und eine reflektierte Spiritualität. Näheres steht im Stellenmarkt der ZEIT.
  
 
  
   
 
 
   
 
 
 
 
3½  Fragen an …
 
 
   
 
   
Prof. Dr. Maria Besiou
Professorin für Humanitäre Logistik und Forschungsdekanin an der Kühne Logistics University in Hamburg

1. Was brauchen Sie heute im Beruf, was Sie im Studium nicht gelernt haben?
Ich habe Maschinenbau studiert und im Studium gelernt, dass die passenden Geräte und Strukturen, also die Infrastruktur, entscheidende Faktoren sind, um etwas zu bewegen. Bei meiner Arbeit heute erlebe ich dagegen jeden Tag, wie wichtig Menschen sind und wie dringend man daher auch Management- und Führungskompetenz sowie die entsprechenden Soft Skills braucht. 
 
2. Welches wissenschaftspolitische Problem lässt sich ohne Geld lösen?
Fördermittelgeber sollten ihre Kriterien für die Vergabe von finanzieller Unterstützung verändern. Das kostet keinen Cent und würde helfen, reale gesellschaftliche Probleme zu lösen. Bisher beurteilen diese Geldgeber theoretische Vorschläge und deren praktische Auswirkungen oft isoliert und unterstützen dann Projekte, die nur einen sehr kleinen Teil des realen Systems optimieren. Aber, bildhaft gesprochen, es genügt nicht, einen Baum anzuschauen, um das gesamte Ökosystem Wald zu verstehen. 
 
3. Lektüre muss sein. Welche?
Ich habe zwei Kinder, die viereinhalb und drei Jahre alt sind. Für uns war der Lockdown eine wirklich schwierige Zeit, wie für alle Familien. Wie schafft man es, sich in die Ängste hineinzuversetzen, die die Kleinen haben? Wie bringt man sie dazu, uns zu zeigen, was sie beschäftigt? Genau dabei unterstützt das Buch Lockdown Hair und regt die Kinder auf altersgerechte Weise dazu an, ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen. 
 
3½. Und sonst so?
Wir vergessen oft, wie sehr alles in unserer Welt verbunden ist. Wir sollten andere Länder unterstützen, sich zu entwickeln – ehe es zu spät ist.

Foto: KLU/Christin Schwarzer
   
 
   
 
 
   
 
 
   
   
   
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Die Position:  Exzellenz in Gefahr Warum ich als Präsidentin der Berliner Humboldt-Universität zu Berlin zurücktrete – Sabine Kunst   3,5 Fragen an … Maria Besiou

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c.t.
 
 
   
 
 
Nilam Farooq (links) als Jura-Studentin Naima Hamid und Christoph Maria Herbst (rechts) als ihr Professor. Nachdem er sie beleidigt hat, bekommt er die Chance sich zu bewähren, indem er sie für einen Debattier-Wettbewerb fitmacht. Zu sehen im Film "Contra" von Sönke Wortmann, der jetzt im Kino zu sehen ist. Hier geht es zum offiziellen Trailer.
Quelle: Constantin Film auf YouTube
 
 
 
 
 
   
Viele gute Ideen bei Herbstspaziergängen wünscht Ihnen

Ihr WISSEN3-Team


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